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  • matthessierk

Ein Tag in meinem neuen Leben auf den Kosterinseln in Schweden

Ein Tag auf den Koster Inseln. Mein Wecker soll heute mal etwas früher klingeln. Ich bin aber schon vorher wach. Der Blick auf die Uhr verrät, es ist 06:40. Ich setze mich auf und ziehe noch halb unter der Decke meine abends zurecht gelegten Sachen an. Es ist momentan etwas kälter morgens, weil ich nachts nicht mehr heize. Ich stehe auf und schaue aus dem Fenster auf die aufgehende Sonne. Der Hafen ist zum ersten mal ziemlich voll. Es ist die Osterwoche. Etwa 30 norwegische Boote haben am Wochenende den Hafen besiedelt.


Heute arbeite ich zum ersten Mal ein wenig für den Kosterhavets Nationalpark. Schwedens einziger Marine Nationalpark. Ich wurde gefragt, ob ich nicht ein wenig beim "Strandstädningen" - also dem Müllsammeln am Strand - unterstützen möchte. Sie suchten noch jemanden, der ein kleines Boot mit Außenborder fahren kann. Eigentlich komisch, weil ich bezweifle, dass das hier irgendjemand nicht kann. Aber gut. Ich stimme zu und heute ist der erste Tag. Ich hatte mit Miriam verabredet, dass wir und um zehn vor acht an der Linfärja nach Nordkoster treffen. Auch Frida und Kasper, etwa in meinem Alter und wie sich später herausstellte der Kapitän vom Nationalpark Boot, traf ich dort. Wir fuhren mit der Linfärja rüber nach Nordkoster und trafen dort das Team am Anleger.


Dann ging es los. Bei herrlichem Wetter und glattem Wasser fuhren wir raus aufs Meer. Heute stand Norra Langö auf dem Plan. Nach der etwa halbstündigen Überfahrt legten wir an den Felsen an und stiegen in das kleine Beiboot, mit dem wir an den Strand fuhren. Dort bekam ich Müllsack, Greifzange und Handschuhe und es ging in gemütlichem schwedischen Tempo bei grandioser Aussicht los mit dem Müllsammeln.





Klar war es anstrengend. Es ist unfassbar und etwas bedrückend wie viel Müll hier an der Küste liegt. Das kenne ich aus Deutschland so nicht und hängt wohl mit den Meeresströmungen zusammen. Plastiktüten, Eimer, Fischernetze, alles mögliche. Es war anstrengend. Aber bessere Umstände zum Müllsammeln hätte ich mir nicht vorstellen können. Zwischendurch fuhren wir mit Axel und Christina, die in dem "Rentner-Coliving" Västrabo auf Nordkoster wohnen, von Bucht zu Bucht und machten weiter. Bis es ca. um 15 Uhr mit dem großen Boot zurück nach Nordkoster ging. Auch hier der Hafen voller norwegischer Boote. Sie kommen vor allem aufgrund der günstigsten Preise über die Grenze.


Für den Abend gab es noch zwei weitere Vorhaben. Zum einen sollte ich auf Grizzly, den Kater von Erik und Mathilda aufpassen. Zum anderen ein Treffen bei Helena im Kosters Trädgårdar. Sie ist Vorstandsvorsitzende von Kosters Framtid (Kosters Zukunft), dem lokalen Unternehmen, das den Auftrag hat, das Gemeinwohl der Insulaner - Kosterbos wie man hier sagt - zu verbessern. Herausforderungen gibt es reichlich. Von Wasserversorgung, über nachhaltiges Unternehmertum hinzu einer ganzjährig gleichmäßigeren Auslastung durch den Tourismus. All das hat im Endeffekt mit lokaler zirkulärer Nachhaltigkeit zu tun. Das größte Problem ist jedoch die Wohnungsnot. Etwa 700 Häuser gibt es auf den Koster Inseln. Davon sind nur 150 ganzjährig bewohnt. Der Rest steht fast das ganze Jahr leer. Bis auf einige Wochen im Sommer. Die Preise sind und unermessliche gestiegen. Unbezahlbar nicht nur für jede junge Familie sondern eigentlich für fast alle - bis auf ein paar wenige Reiche. Tom, einer der "jungen" Kosterbos, die Kosters Framtid gestern Abend eingeladen hatte, um mit ihnen und mir über diese Herausforderungen zu reden, stellte die berechtigte Frage: wie viele Häuser brauchen jeder wir? Großstadtwohnung, Sommerhaus, Skihütte. Auch das hat was mit Nachhaltigkeit zu tun.


Man könnte denken, ich bin mit meiner Tagesbeschreibung abgedriftet. Aber solche Diskussionen sind hier Alltag. Diese Einladung und dieser Abend typisch. Es gab ein wenig zu essen und es wird über die Zukunft und den Zusammenhalt der Insel gesprochen.


Anschließend ging es mit dem Fahrrad zurück zu Grizzly. Ein schöner Tag. Daran könnte ich mich gewöhnen. Erlebnisse für eine ganze Woche - oder mehr. Helena schreibt: Så tacksam att ni finns på ön samtidigt som jag. Sie ist dankbar, dass wir mit ihr zusammen hier auf der Insel sind.


[Verfasst am 13.04.2022]

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